Lost in translation 1 – das Haus in dem der Mann singt

Ein neues Land, eine neue Kultur und eine völlig andere Sprache: die perfekte Kombination für kommunikative, kulturelle und soziale Fettnäpfchen… 😉(Nederlandse versie) Hierfür führen wir nun eine neue Rubrik ein: “Lost in translation”. Heute gehts los mit Teil 1:

Interpretation:
Nicht nur unser gebrochenes Swahili, aber auch das Swenglish (Kombination von English und Swahili) und die Tatsache, dass die Tansanier keinen Unterschied machen (können) zwischen L und R, liefert bereits Grundlage für einige witzige Missverständnisse. Aber auch der Unterschied in der Kommunikationsart: Die Tansanier kommunizieren, wie in den meisten afrikanischen Ländern, indirekt und zirkulär, wobei es stark um Interpretation geht, denn nichts wird direkt beim Namen genannt, sondern alles wird  zwischen den Zeilen durch angedeutet. Im Gegensatz dazu, ist es in der interkulturellen Kommunikation jedoch sehr wichtig, dass man versucht zwischen Wahrnehmung und Interpretation zu unterscheiden… Eine verwirrende Situation also, die nicht ohne Stolpern und wieder Aufstehen gelingt…:-)

Nein – no – hapana
Antworten mit “nein” oder “ich weiss es nicht” ist in der indirekten Kommunikation ein absolutes no-go. So kann jemand drei Mal “ja” sagen und sogar mit seinem Kopf nicken, aber er meint trotzdem “nein”. Beispiel: “Oh Mzungu, du bist willkommen in meinem Haus”, “Oh vielen Dank, das tue ich sicher” – und niemand erwartet, dass man dann tatsächlich kommt oder etwas tut. Mittlerweile antworte ich immer mit einem freundlichen “asante” (danke) auf die Frage, ob ich etwas kaufen/spenden/eine Taxifahrt will, da ein freundliches “Nein” als unhöflich gelten würde.

“Schau mir in die Augen”
Auch die non-verbale Kommunikation, insbesondere die Körpersprache/ -haltung, ist eine Quelle für tägliche Missverständnisse. So ist es für uns ganz normal, wenn man mit jemandem spricht, seinem Gesprächspartner direkt in die Augen zu schauen. Bei uns wäre es sogar unanständig dies nicht zu tun. Durch den Augenkontakt zeigt man ja, dass man sich öffnet, zuhört, Vertrauen schöpft…
Hier in Tansania ist es genau umgekehrt: Deinen Blick abzuwenden, wenn jemand mit dir spricht, ist ein Zeichen von Respekt. Jemand direkt anzusehen ist unanständig und sehr unangenehm für den Gesprächspartner.

Keine Berührungsängste
Gleichzeitig ist der Körperkontakt hier viel intensiver, als wir es uns gewöhnt sind. Wenn dich jemand begrüsst, dann schüttelt er die Hand und lässt diese die kommenden paar Minuten (während dem ganzen Begrüssungsritual, die Salamu) nicht mehr los. Sowieso wird viel mehr berührt: auf dem Markt wird Efi ständig gestreichelt, beklopft oder geklemmt… 😉 Das Paradoxe ist, dass das obenstehende für Paare (verheiratet oder nicht) absolut nicht gilt: öffentlich Zuneigungen zeigen innerhalb einer Beziehung ist ein absolutes Tabu. Gleichzeitig können aber zwei befreundete Männer Hand in Hand der Strasse entlanglaufen, was als völlig normal gilt – bei Pärchen aber eben nicht.

Und noch einige Kostproben :

  • Frage: “Wieviel kostet dies?” – Antwort: “Wieviel hast Du?”
  • In Arusha fragte Efi höflich auf Swahili, dass sie etwas trinken möchte und wo sie denn bestellen könne. Die Frau brachte sie darauf auf die Toilette. “Kunywa” bedeutet in Swahili “Trinken” – mit “Kunya” meint man das “grosse Geschäft”… 🙂
  • Die Moschee nennen unsere Kinder “das Haus, in dem der Mann singt” und während des “adhan” (Aufruf zum Gebet) antworten sie mit einem lauten Wolfsheulen…
  • Leute werden hier oft nach ihrem Status benennt statt bei ihrem Namen: “mzungu” (Weisser), “bibi / mzee” (Grossmutter, ältere Person), “fundi” (Handwerker)… So wird Efi eigentlich nur noch “mzungu” oder “Mamma Milo” genannt – richtig peinlich wird es dann, wenn die coolen 20-Jährigen, aus Respekt, sie “mummy” oder “auntie” nennen.
  • Als wir mit Milo über seine neue Schule sprachen, kam das Thema auf, dass alle anderen Kinder dunkel sind. Milo rieb sich über seinen Arm und meinte “Milo ist nicht dunkel, Milo hat das Licht an” – logisch, wenn es dunkel ist, muss man ja das Licht anschalten.
  • Als wir während unseren Ferien beim Ngorongoro gezeltet haben, war es für hiesige Begriffe ziemlich kalt und neblig. Wir erzählten Milo abends vor dem Schlafen, dass wir am nächsten Tag zu einem anderen Camping mit einem Schwimmbad gehen. Milo antwortete: “Nein, nicht schwimmen! Jetzt ist es doch Winter, es ist kalt!”

Fotos der letzten Wochen findet ihr im vorherigen Beitrag  „Foto Update